Studie: Trading wird als Spiel dargestellt
Neobroker locken Kunden mit einfachen, kostengünstigen Trading-Optionen und haben damit eine neue Entwicklung im Anlagegeschäft angestoßen. Gerade Personen mit begrenzten finanziellen Mitteln und wenig Anlageerfahrung haben so die Möglichkeit, in das Börsengeschäft einzusteigen. Die Angebote der Neobroker bieten viel Potenzial, sind aber auch mit Risiken verbunden, wie eine Schweizer Studie jetzt aufzeigt: die Untersuchung des Instituts für Accounting, Controlling und Auditing an der Universität St. Gallen hat das Trading-Verhalten von Kleinanlegern und die digitale Kommunikation der Anbieter mit den Anlegern über zwei Jahre hinweg verfolgt. Dabei kommen die Autoren zu dem Ergebnis, dass Trading-Apps die Nutzer zu höheren Risiken verleiten. Der Handel werde auf den Plattformen vergleichsweise wie ein Glücksspiel präsentiert, lautet ein Kritikpunkt der Studie: Schon ein “Handwisch auf dem Smartphone” genüge für den Kauf einer Aktie. Die Forscher äußern Bedenken, dass Anleger dadurch zu riskanten Transaktionen verleitet würden.
Individualisierte Nachrichten verleiten zu mehr Risiko
Ein weiterer Kritikpunkt bezieht sich auf die die Kommunikation der Neobroker mit ihren Kunden über die Trading-Apps: Mithilfe der Apps könnten die Broker sowohl das Nutzerverhalten via Cookies beobachten als auch individualisierte Nachrichten an die Kunden versenden. Laut Studie hätten insbesondere Push-Nachrichten einen starken Einfluss auf das Trading-Verhalten der Nutzer. Die Forscher ermittelten, dass die Kunden um ein Vielfaches häufiger traden, sobald sie eine Push-Meldung des Brokers erhalten haben. Zudem zeigte sich, dass die Nutzer nach Erhalt einer Nachricht ein viel höheres Risiko eingingen.
Neobroker profitieren von intensivem Trading mit riskanten Anlagen
Häufigeres Trading bringe für die Nutzer aber keinen Mehrwert, geben die Studienautoren zu Bedenken. Wie aus der Studie hervorgeht, hätten Portfolioumschichtungen für die Anleger kaum Auswirkungen: Damit sei man zufällig zwar mal besser, aber auch schnell wieder schlechter als der Markt. Auf lange Sicht würden sich diese Effekte gegenseitig aufheben. Einen Unterschied mache es hingegen für die Anbieter selbst, betonen die Forscher, denn die Kosten für die Trader würden durch die kumulierten Gebühren steigen – und damit auch der Gewinn für die Neobroker.
Problematisch sei auch, dass die Neobroker für riskantere Transaktionen häufig höhere Gebühren verlangten, heißt es in der Studie weiter. Dadurch entstehe ein Interessenskonflikt zwischen Brokern und Kunden: Um ihre Gebühren zu maximieren, regten die Anbieter Investoren zu häufigeren und risikoreicheren Trades an, dadurch werde aber die Performance und das Risikoprofil negativ beeinflusst. Erst wenn dieser Konflikt überwunden sei, könne sich das große Potenzial von Neobrokern positiv entfalten, so das Fazit der Studienautoren.