Verbraucherschützer reichen Aufsichtsbeschwerde gegen die Postbank ein
Die Verbraucherzentrale NRW hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) eingeschaltet und Aufsichtsbeschwerde gegen die Postbank eingereicht. Grund ist der offenbar katastrophale Umgang der Bank mit gepfändeten Konten.
„Ich weiß nicht mehr, was ich machen soll. Ich habe kein anderes Konto, das ich benutzen kann, und die Postbank gibt mein Geld seit Wochen nicht frei wegen einer Pfändung, die längst erledigt ist (…).“ Verzweifelte Anrufe und Mails wie diese erreichen die Verbraucherzentrale NRW aktuell täglich. Ursache sind offenbar massive organisatorische Mängel bei der Führung von gepfändeten Konten. Nach vielen gleichlautenden Berichten von Betroffenen ist die zuständige zentrale Pfändungsabteilung entweder nicht erreichbar oder es gibt wochenlange Bearbeitungszeiten. Der Situation der Betroffenen angemessene Gegenmaßnahmen der Postbank oder des Mutterkonzerns Deutsche Bank sind nicht erkennbar.
„Es ist nicht akzeptabel, dass die Postbank anscheinend keine ordnungsgemäße Organisation der notwendigen Abläufe zur Einhaltung von gesetzlichen Pfändungsschutzvorschriften sicherstellt“, sagt Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW.
Das P-Konto ist geschützt
Zum Hintergrund: Verschuldete Menschen haben gegenüber ihrer Bank den Anspruch, dass ihr Girokonto als Pfändungsschutzkonto (sogenanntes P-Konto) geführt wird. Im Gegensatz zu „normalen“ Girokonten wird ein Kontoguthaben hier gegen Pfändung oder Verrechnung mit Schulden bei der Bank geschützt. Auf P-Konten gilt automatisch ein Pfändungsschutz von aktuell mindestens 1.410 Euro je Kalendermonat. Weitere Beträge, zum Beispiel bei Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Ehepartnern oder Kindern, können auf Nachweis geschützt werden. Auch Kindergeld erhöht den geschützten Betrag.
„Die Gesetzeslage ist klar und unmissverständlich: Danach muss die Bank Kontoinhaber:innen über das vor der Pfändung geschützte Guthaben verfügen lassen“, erläutert Schuldzinski. Zudem gebe es für ein Kreditinstitut nach einer erledigten Pfändung keinen berechtigten Grund, den Kunden vorhandenes Guthaben vorzuenthalten.
Betroffene geraten schuldlos immer tiefer in die Schuldenspirale
Postbank-Kunden berichten jedoch seit Monaten von nicht berücksichtigten Freibeträgen, nicht vermerkten Pfändungsaufhebungen sowie einer nicht oder nur schwer erreichbaren zentralen Pfändungsabteilung, an die sie von ihren Postbank-Filialen vor Ort verwiesen werden. Die Betroffenen verfügen oft über keine anderweitigen Geldmittel mehr. Existenzielle Daueraufträge für Miete, Strom und Telefon werden vom P-Konto nicht ausgeführt, benötigtes Bargeld zum Lebensmittel- oder Medikamentenkauf darf nicht abgehoben werden.
„Die Postbank reagiert nicht, der Weg zu Rechtsanwält:innen und Gerichten stellt oft eine hohe Hürde dar, weitere wertvolle Zeit geht ins Land. Zudem werden offenbar selbst gerichtliche Beschlüsse zur Freigabe von der Postbank nicht zeitnah bearbeitet“, so der Vorstand der Verbraucherzentrale. „De facto haben die Menschen in dieser Situation trotz Rechtsanspruchs keine praktische Handhabe, um tatsächlich kurzfristig an die dringend benötigten Gelder zu kommen. Sie müssen weitere Verbindlichkeiten eingehen und geraten tiefer in die Schuldenspirale.“
Dringendes Einschreiten der BaFin erbeten
Da auch nach direkter Aufforderung durch die Verbraucherzentrale NRW keine ausreichenden Gegenmaßnahmen der Postbank oder des Mutterkonzerns Deutsche Bank erkennbar sind, die der verzweifelten Situation der Betroffenen angemessen wären, haben die Verbraucherschützer jetzt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) eingeschaltet und Aufsichtsbeschwerde eingereicht, verbunden mit der Bitte um dringendes Einschreiten der Behörde.
Schuldzinski: „Wir raten Betroffenen außerdem, gegen die Postbank auf Auszahlung ihres Kontoguthabens zu klagen – möglichst mit anwaltlicher Hilfe und direkt im Wege eines einstweiligen Verfahrens. Hierfür stellen wir online eine einfache Formulierungshilfe bereit.“