Keine verbraucherfreundliche Lösung
Stromtanken ist in Europa aktuell noch wesentlich mühsamer als herkömmliches Tanken. Zu diesem Ergebnis kommt eine großangelegte Studie von Kantar im Auftrag der Initiative Deutsche Zahlungssysteme e.V. (IDZ). So ist in mehr als 9 von 10 Fällen das einfache Zahlen mit der eigenen Debit- oder Kreditkarte an E-Ladesäulen unmöglich.
Doch mehr als zwei Drittel zukünftiger E-Autofahrer in ausgewählten europäischen Ländern möchten den getankten Strom am liebsten spontan und ohne Datenerfassung mit der eigenen Bankkarte bezahlen. In der Praxis kommen Verbraucher an öffentlich zugänglichen E-Ladesäulen in Europa jedoch nicht um die Benutzung eines sogenannten geschlossenen Bezahlsystems, zum Beispiel mit betreibereigenen Ladekarten, Apps oder Webseiten mit vorheriger Registrierung herum. Gemeinsam mit weiteren Akteuren fordert die IDZ daher eine verbraucherfreundliche Lösung auf europäischer Ebene.
Kompliziertes Stromtanken
Vielerorts gestaltet sich der Bezahlvorgang beim Stromtanken kompliziert und birgt diverse Hindernisse. Das ergab die Auswertung der angebotenen Bezahlmöglichkeiten von 61 Ladesäulenbetreibern mit insgesamt knapp 30.000 öffentlich zugänglichen Ladesäulen in zwölf europäischen Ländern (Deutschland, Niederlande, Italien, Frankreich, Österreich, Schweden, Portugal, Spanien, Polen, Slowenien, Tschechien sowie Griechenland). Untersucht wurden sowohl Angebote im städtischen (40) als auch im ländlichen Umfeld (21).
Geschlossene Bezahlsysteme dominieren in Europa
55 Ladesäulenbetreiber setzen lediglich auf geschlossene Bezahlmethoden wie zum Beispiel betreibereigene Ladekarten, Apps oder Webseiten mit vorheriger Registrierung. Um eine Ladekarte zu erhalten, muss in der Regel ein Vertrag beim Ladesäulenbetreiber abgeschlossen werden. Von den 59 Ladesäulenbetreibern, die das Bezahlen mittels betreibereigener Ladekarte oder der eines Roamingpartners anbieten, statten lediglich 32 Anbieter ihre Ladesäulen zusätzlich mit einem statischen QR-Code aus, welcher das Smartphone auf eine Webseite führt und eine Zahlung erst nach Eingabe der eigenen Zahlungsdaten ermöglicht. Dieser vermeintlich gut gemeinte Service kann betrugsanfällig sein, da QR-Codes mit einem falschen QR-Code überklebt werden könnten. Betrüger könnten so über eine Weiterleitung auf eine gefälschte Webseite sensible Daten oder gar die Zahlung von Verbraucher abfangen.
Wenig kundenfreundliche Lade-Apps
50 Ladesäulenbetreiber haben zudem eine eigene Lade-App im Repertoire, die zum Starten des Lade- und Bezahlvorganges aber teilweise ebenfalls eine Registrierung bzw. einen entsprechenden Login voraussetzt. Ob über eine App oder eine Webseite, beide Bezahlvorgänge sind kompliziert und für Verbraucher mit Aufwand und Hürden verbunden. E-Autofahrer benötigen in allen Fällen ein Smartphone und eine stabile Internetverbindung. Des Weiteren fiel der Marktforschung auf, dass die angebotenen Apps oder Webseiten lediglich in der Landessprache und nur selten auf Englisch zur Verfügung stehen, sodass der Zugang für Verbraucher weiter erschwert wird.
Spontanes Laden unerwünscht
Zudem wurde deutlich, dass in den allermeisten Fällen der Preis pro Kilowatt-Stunde oder Ladevorgang beim Bezahlen mit der Debit- oder Kreditkarte über Apps oder Webseiten deutlich teurer ist als beim Stromtanken mit der betreibereigenen Ladekarte. Spontanes Laden wird so für E-Autofahrer besonders unattraktiv gestaltet. Lediglich an sechs der untersuchten E-Ladesäulen – zwei in Frankreich sowie je eine in Deutschland, Österreich, Schweden und Polen – war eine spontane Bezahlung mit einer Debit- oder Kreditkarte durch Stecken oder kontaktlos über ein Kartenterminal möglich.
Einheitliche Bezahllösungen gefordert
Die Studienergebnisse unterstreichen die Forderung der Deutschen Kreditwirtschaft, der kommunalen Spitzenverbände in Deutschland, des ADAC und des Bundesverbands der electronic cash Netzbetreiber (BecN) sowie der IDZ: Für eine breite Akzeptanz der E-Mobilität in der Gesellschaft sind einheitliche, verständliche und vor allem leicht handhabbare Bezahllösungen an E-Ladesäulen notwendig. Verbraucher müssen sich beim Stromtanken auf eine ebenso gut ausgebaute Ladeinfrastruktur mit gängigen Bezahlmöglichkeiten verlassen können, wie sie es vom Tankstellennetz oder auch vom ganz normalen Einkauf an der Ladenkasse kennen – immer, wenn der Akkustand es erfordert, ohne zu suchen, diese vorab zu reservieren oder Umwege zu fahren. Gemeinsam setzen sich die Verbände im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses zur „Alternative Fuels Infrastructure Regulation“ (AFIR) dafür ein, spontanes Bezahlen mit Debit- und Kreditkarte über ein Bezahlterminal als Mindeststandard an E-Ladesäulen in ganz Europa festzuschreiben.