UMTAUSCH IN DIGITALEN EURO KÖNNTE DEN BANKEN PROBLEME BEREITEN
Ein digitaler Euro, der direkt von der Europäischen Zentralbank (EZB) ausgegeben wird, könnte bei kleineren Banken einen Liquiditätsengpass auslösen. Darauf weist der Bundesverband deutscher Volks- und Raiffeisenbanken (BVR) hin, der eine Untersuchung zum digitalen Euro unter 714 Instituten durchgeführt hat, wie das Handelsblatt berichtet.
Denn: Sollten zu viele Kunden den digitalen Euro nutzen und Einlagen gegen das virtuelle Geld umtauschen, würde das gerade kleinere Banken in Bedrängnis bringen. Bei einer Obergrenze von 3.000 Euro pro Kunde würden danach nur noch 56 der Institute die gesetzlich vorgeschriebenen Liquiditätspuffer vorhalten können, gibt der Verband zu Bedenken. Bei einer Obergrenze von 500 Euro bekämen dagegen nur 18 Genossenschaftsbanken Probleme.
WIE WÜRDE DIE EINFÜHRUNG DES DIGITALEN EURO ABLAUFEN?
Beim digitalen Euro handelt es sich um ein elektronisches Zahlungsmittel, das direkt von der EZB ausgegeben würde. Während ein Bankguthaben juristisch eine Forderung (Kredit) des Bankkunden gegenüber seiner Bank ist, ist echtes Zentralbankgeld eine Forderung gegenüber der Zentralbank selbst. Bislang gibt es Zentralbankgeld der EZB nur in Form von Bargeld.
Die Einführung des digitalen Euro würde bedeuten: Verbraucher hätten ein Konto direkt bei der EZB. Sie würden Guthaben von ihrer Hausbank abziehen, um es in den digitalen Euro umzuwandeln. Sollten Verbraucher zu viel Geld bei der EZB haben, könnten denn klassischen Banken die nötigen Einlagen als Liquidität fehlen. Die betroffenen Institute müssten sich dann entweder anderweitig Liquidität zu ungünstigeren Konditionen beschaffen oder die Kreditvergabe einschränken, um wieder die vorgeschriebenen Liquiditätspolster zu erreichen. Daher sorgt das Thema digitaler Euro aktuell für Nervosität in der deutschen Bankenbranche.
NIEDRIGE OBERGRENZE GEFORDERT
Eine Lösung für dieses Problem könnte eine niedrige Obergrenze für die Höhe der Summe sein, die Verbraucher in den digitalen Euro umwandeln dürfen. Wie die BVR-Studie aufzeigt, wären die Folgen bei einem Limit von 500 Euro pro Kunde weniger gravierend als bei einer Höchstgrenze von 3.000 Euro.
Allerdings gibt es Fachleute, die laut dem Medienbericht anonym bleiben wollen, die das BVR-Szenario für überzogen halten. Der Verband spricht selbst ebenfalls von einem „Extremszenario“, wenn jeder Bankkunde 3.000 Euro in den digitalen Euro umwandeln wollte: Es sei doch eher unwahrscheinlich, dass alle aktiven Privatkunden auch wirklich über Bankguthaben von mindestens 3.000 Euro verfügten - und sie dann direkt in digitales Geld umwandeln wollten. Die Abflüsse dürften in dieser Rechnung zu hoch angesetzt sein. Dennoch stellen die Berechnungen des BVR die erste konkrete Folgeabschätzung zu möglichen Konsequenzen eines digitalen Euros für das Bankensystem dar. Sie zeigen auf, wie wichtig solche Kalkulationen vor der Einführung eines digitalen Zentralbankgeldes sein werden.