Loyalität der Privatkunden nimmt ab
Das Beratungsunternehmens Bain & Company ermittelt weltweit einmal jährlich die Loyalität privater Bankkunden, ihre Produktnutzung und die hierfür verwendeten Kanäle. Die Befragung erstreckt sich auf Privat- und Direktbanken ebenso wie Genossenschaften und Sparkassen. Während die Loyalität der deutschen Privatkunden zu ihrer Hausbank in der Vergangenheit konstant hoch war, hat sich das in der Corona-Pandemie geändert: Laut der aktuellen Studie stagnierte die mit dem Net Promoter ScoreSM (NPS) messbare Kundenloyalität im Krisenjahr 2020 – und das branchenweit und je Institut. Für Bain-Partner und Branchenexperte Dr. Markus Bergmann ist das ein Weckruf an die Banken: “Wenn die Loyalität zur Hausbank sinkt, wird die Kundschaft offener für alternative Angebote und ist eher bereit, die Bank zu wechseln”, gibt Bergmann zu Bedenken.
Viele Kunden kehren der Hausbank den Rücken
Wie aus der Untersuchung hervorgeht, kauften im vergangenen Jahr 59 Prozent der Befragten auch bei Wettbewerbern ihrer Hausbank Finanzprodukte. Insbesondere margenträchtige Produkte wie Kredite und Geldanlagen wurden bei der Konkurrenz abgeschlossen, was für die Hausbanken besonders schmerzlich sein dürfte. Als Gründe wurden vor allem ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis oder Produkt, mehr Service oder auch eine komfortablere App des Konkurrenzinstituts genannt.
Im Ländervergleich liegt Deutschland damit auf Platz zwei, nur in Großbritannien lag der Prozentsatz der Fremdkäufe mit 69 Prozent noch höher. Diese Abwanderung verschärfe den Handlungsdruck und gefährde zunehmend das Geschäftsmodell im traditionellen Retail-Banking, warnt Bain-Partner Dr. Nikola Glusac. Wie die Studie weiter zeigt, würden drei Viertel der Kunden ihrer Hausbank aber durchaus eine neue Chance geben, vorausgesetzt das Produkt sei gleichwertig mit dem Konkurrenzangebot. Bankenexperte Bergmann sieht darin ein deutliches Statement: “Die Hausbanken können die Abwanderung stoppen, wenn ihre Produkte ökonomisch attraktiv sind und sie ihre Klientel zudem zum richtigen Zeitpunkt ansprechen."
Mobile Banking ist Trumpf
Die Bain-Studie liefert ein weiteres deutliches Ergebnis: Innerhalb der digitalen Kanäle kommt dem Mobile Banking eine immer größere Bedeutung zu. Seit 2016 steigt die Zahl der mobilen Interaktionen über Smartphone oder Tablet in Deutschland um knapp acht Prozent pro Jahr, während sie im Online Banking in einer ähnlichen Größenordnung sinkt. An der kontinuierlichen Optimierung ihrer Apps und der dahinterliegenden Prozesse führe kein Weg vorbei, wenn die Hausbanken ihre Kunden binden und neue dazu gewinnen wollen, erklärt Bergmann: “Je überzeugender der mobile Auftritt einer Bank ist, desto weniger befasst sich die Kundschaft mit Alternativen. Und ihre Bereitschaft, schnell und einfach ein weiteres Produkt zu erwerben, wächst ebenfalls.”
Nachhaltigkeit rückt in den Fokus
Auch am Thema Nachhaltigkeit führt heute kein Weg mehr vorbei, betonen die Studienautoren. So würden 42 Prozent der befragten Bankkunden mit höherer Wahrscheinlichkeit ein Produkt bei ihrer Hausbank kaufen, wenn dieses mit den nachhaltigen ESG-Kriterien konform wäre. Bei der Beurteilung der Banken in punkto Nachhaltigkeit sind die Deutschen strenger als viele andere Europäer: “Nur mit einer ganzheitlichen Ausrichtung auf Nachhaltigkeit können Banken ihre Kundschaft überzeugen und so davon profitieren, dass die Nachfrage nach nachhaltigen Kapitalanlagen und Finanzierungen steigt”, kommentiert Bain-Partner Glusac.