17.11.2020
Herr Emeshev, Sie waren am erfolgreichen Aufbau der russischen Tinkoff-Bank beteiligt und leiteten die Filiale "Tinkoff Investments". Welche Erfahrungen haben Sie mit diesem Projekt gemacht? Wie würden Sie den großen Erfolg der Tinkoff-Bank in Russland erklären?
Jeder Kunde - egal aus welchem Land er kommt - braucht ein sehr einfaches Produkt. Das Produkt muss für alle Kunden gleichermaßen verständlich sein, und deshalb ist es äußerst wichtig, eine klare, menschliche Sprache zu sprechen und komplizierte oder zu technische Begriffe zu vermeiden. Um es mit anderen Worten auszudrücken: Ihr Produkt muss so gebaut sein, dass Ihre Großmutter versteht, wie sie mit Ihrer App ihr Geld vermehren kann, genauso wie Sie es verstehen müssen.
Entscheidend ist auch, Kunden aufzuklären, sie dabei zu unterstützen und Hilfestellungen zu geben, wie sie ihr Geld klug anlegen können und sie davon abzuhalten, in Produkte zu investieren, die ihnen nicht zu 100% klar sind. Einfachheit des Produkts und permanente Investitionen in die Kundenbildung sind der Schlüssel zum Erfolg.
An welche Zielgruppen richtet sich Vivid Money in Deutschland? Was sind Ihrer Meinung nach die Unterschiede zwischen dem deutschen und dem russischen Markt?
Unser Ziel ist es, den Menschen zu helfen, ihr Geld zu sparen und zu vermehren - mit nur einer einzigen App. Jeder, der nach einer einfachen und intuitiven, aber dennoch außergewöhnlichen Möglichkeit sucht, seine Finanzen zu organisieren, ist unsere Zielgruppe. Das sind vor allem Menschen über dreißig, die ihre Karriere begonnen und vielleicht schon eine Familie gegründet haben und nun neue Wege kennen lernen wollen, um ihr Geld besser zu sparen und zu investieren. Wir wenden uns an Digital Natives, die häufig reisen und viele Banking-Services nutzen, aber auf der Suche nach einem effizienteren und besseren Weg dafür sind.
Was die Unterschiede der beiden Märkte betrifft, so wird in Deutschland immer noch mehr Bargeld ausgegeben, aber der Anteil der Barausgaben wird in Zukunft abnehmen. Wir wollen diesen Trend fördern, indem wir klare Anreize für Ausgaben per Karte schaffen, wie zum Beispiel unser Stock Rewards Programm. In Deutschland gibt es zudem einen höheren Anteil von Kunden, die in Aktien und ETFs investieren, aber überraschend hohe Gebühren für Investitionen in einfache Produkte wie Aktien. Dies gibt uns und anderen neuen Akteuren auf dem Markt viele Möglichkeiten.
Seit dem Start im Juni wurde die Bankplattform von Vivid Money um viele neue Dienstleistungen erweitert - Subscription Control, Vivid Pay und zuletzt Shared Pockets. Welche Funktion ist bei deutschen Kunden am beliebtesten?
Die Nutzer von Vivid Money lieben unsere einzigartige Banking-App mit ihren vielen hilfreichen Funktionen. Zudem hören wir von vielen Nutzern, dass sie besonders unsere Pockets lieben, die mit einer eigenen, separaten IBAN ausgestattet sind und die Nutzer mit ihrer Vivid Karte verknüpfen können. Unsere Nutzer verwenden sie für viele verschiedene Zwecke: um etwas Geld beiseite zu legen, um für einen bestimmten Zweck Geld zu sparen, um Ausgaben mit Familie oder Freunden zu teilen und vieles mehr.
Wie viele deutsche Kunden nutzen bisher Vivid Money?
Gerade jetzt rückt für viele Menschen das Thema Finanzen in den Mittelpunkt des Interesses: Viele müssen vielleicht gerade jetzt Geld sparen oder haben ein wachsendes Interesse am Aktienhandel. Und natürlich ist das mobile Bezahlen zu einem sehr großen Teil unserer täglichen Routine geworden. Mit unseren kontaktlosen Zahlungsmöglichkeiten – darunter Apple Pay – und zahlreichen hilfreichen Funktionen wie Überweisungen per Telefonnummer oder E-Mail-Adresse, einer Abo-Kontrolle und natürlich unserem umfangreichen Cashback-Programm können wir in dieser Zeit besonders viele Anwender überzeugen. Wir sind sehr zufrieden mit der Entwicklung unserer Kundenzahlen, die seit der Einführung in Deutschland stetig gewachsen sind. In den Appstores können Sie sehen, dass wir bereits heute zu den Top 10 der Neobanken in Bezug auf Downloads gehören.
Die Tinkoff Bank ist mehr als eine einfache Banking-App. Die Anwendung hilft den Kunden, Versicherungen zu kaufen, Reisen zu buchen, Kinokarten oder einen Tisch zu reservieren. Geht Vivid Money auch in diese Richtung? Wird Vivid Money neben der Banking-Funktion auch Produkte und Dienstleistungen aus anderen Segmenten anbieten? Wenn ja, welche Segmente wären das für den deutschen Markt?
Es gibt viele Fintechs und Startups, die einen guten Job machen – etwa ein reguläres Bankkonto oder eine Anlageplattform anbieten – denen aber andere Dienstleistungen fehlen. Und es gibt bisher nur eine Handvoll Fintechs, die eine breite Palette von Produkten anbieten. Wir sehen hier eine Chance. Darüber hinaus arbeiten die meisten der derzeitigen Fintechs an der Lösung, um Geld auszugeben, aber wir befassen uns vor allem auch damit, wie sie Geld sparen und investieren können. Wir wandeln ihre Ausgaben in Investitionen um, die den Kunden helfen, ihr Geld zu vermehren. Und natürlich sind wir immer auf der Suche nach neuen Features und Funktionen für unsere Plattform, die unseren Kunden den finanziellen Alltag erleichtern.
Werden deutsche Kunden die Möglichkeit erhalten, über die Vivid-Money-App zu handeln und zu investieren? Das heißt, planen Sie, die App um eine Trading-Funktion zu erweitern?
Im Moment konzentrieren wir uns darauf, den Nutzern die Möglichkeit zu geben, in Aktien und ETFs zu investieren und hoffen, diese Funktion bald zur Verfügung stellen zu können.
Vivid Money plant, weitere europäische Märkte zu erschließen. Was sind Ihre Pläne für eine Expansion in Europa? Welche Länder sind Teil der Roadmap und wann wollen Sie starten?
Erst kürzlich haben wir unseren Launch in Frankreich bekanntgegeben und freuen uns, die Banking-Erfahrung, die unsere deutschen Kunden bereits lieben, weiteren Kunden in Europa zugänglich machen zu können. Im Moment können wir Ihnen mitteilen, dass wir bis zum ersten Quartal 2021 in mindestens ein weiteres europäisches Land expandieren wollen. Wir freuen uns, Ihnen mehr darüber zu erzählen, sobald wir können.
Herr Emeshev, wir danken Ihnen für das Gespräch.