REVOLUT IST EINES DER WERTVOLLSTEN START-UPS
Aktualisiert am 26.11.2020
2015 – Der Russe Nikolai Storonski und der Ukrainer Wladislaw Jazenko haben eine Vision, die in Form eines Fintechs namens Revolut umgesetzt wird. Als Anbieter von günstigen Auslandsüberweisungen und Kartenzahlungen in Fremdwährung eroberten die beiden Gründer einen völlig neuen Markt.
Mittlerweile – fünf Jahre später – gilt Revolut mit weltweit rund 13 Millionen Kunden als eines der erfolgreichen Fintechs. Die Aktienanteile von Storonski sind mittlerweile so hoch bewertet, dass er als jüngster Selfmade-Milliardär Großbritanniens gilt. Allein im Februar 2020 durfte sich Revolut über eine Finanzspritze in Höhe von 500 Millionen US-Dollar freuen. Der Unternehmenswert wurde auf 5,5 Milliarden US-Dollar veranschlagt. Somit gilt Revolut neben dem schwedischen Zahlungsdienstleister Klarna als eines der wertvollstes Fintech-Start-Ups Europas.
Die Coronakrise als Chance
Als die Coronakrise über die Welt kam, ging diese auch an Revolut nicht spurlos vorbei. Ende April gab Storonski bekannt, dass das Zahlungsvolumen um 45 Prozent gesunken sei. Die Konsequenz: Gebühren Erhöhungen für Kunden, Lohnverzicht für ein Jahr von Storonski und Jazenko. Zudem boten die beiden Gründer ihren Mitarbeitern einen Tausch des Gehalts in Aktien an.
Dennoch: Erst Ende Juli 2020 investierte ein Altinvestor weitere 80 Millionen US-Dollar. Insgesamt dürften sich die eingesammelten Investitionen somit auf über 900 Millionen US-Dollar summieren. Da verwundert es auch nicht, dass Revolut trotz der Pandemie ein ambitioniertes Ziel anpeilt: Bis Ende 2020 will die Neo-Bank profitabel sein.
Retail-Bank in Form einer Smartphone-App
Visionen sind gut, realistisch umsetzbare Ziele aber auch. Und so plant Revolut, zu einer digitalen Plattform zu werden, wo Nutzer sämtliche Finanzen an einem Ort verwalten können. Damit wäre das Fintech eine vollwertige Retail-Bank – nur in Form einer Smartphone-App.
Die Plattform wird durch ein kontinuierlich erweitertes Produktangebot gefüllt. Von klassischen Angeboten für Versicherungen oder Aktienhandel bis hin zu Nischenangeboten, wie den Kauf von Kryptowährungen. Dieses Vorgehen ruft natürlich schnell Kritiker und Neider auf den Plan: Als planlos, übereilt und im Bann von Modetrends gefangen watschten Konkurrenz und Medien die Revolut-Strategie ab.
Im November 2020 hat Revolut in Deutschland nun Open Banking eingeführt. Ab sofort können deutsche Nutzer ihre Bankkonten bei Comdirect, Commerzbank, Deutsche Bank, ING und Sparkasse mit der Revolut-App verknüpfen. Für das kommende Jahr will Revolut nach Aussage von Georges Nilles, der die Expansion in Benelux und Deutschland verantwortet, auch auf lokale Partnerschaften setzen, die einen Mehrwert für die Nutzer bringen sollen. So ist beispielsweise ein Cashback-Programm für deutsche Kunden geplant.
Schnelle Expansion nach Osteuropa und technische Herausforderungen
Doch Revolut lässt sich nicht beirren. Während es im Heimathafen Großbritannien schwierig ist, eine vollwertige Banklizenz zu erwerben – Revolut ist dort nur eine E-Money-Institution und keine Bank – sieht dies in anderen europäischen Ländern anders aus. Vor allem in den baltischen Staaten startet das Fintech gerade durch – und zwar mit einer eigenen und vollwertigen Banklizenz.
Die Expansion schreitet rasch voran. Das bringt weitere Probleme mit sich. Immer wieder wurden Konten und Transaktionen automatisch blockiert, da die Prüfsoftware fälschlicherweise Alarm schlug und zum Beispiel Geldwäscherei vermutete. Vor der hohen Reklamationsrate kapitulierten auch die Chatbot-Programme. Eine Kontaktaufnahme per Telefon oder E-Mail gibt es bei Revolut nicht. Das steigert wiederum den Unmut vieler Kunden.
Kundenwachstum in Deutschland stagniert
Dagegen stagnierte das Wachstum in Deutschland zuletzt. Zum Marktstart im September 2017 kündigte Gründer Storonski an, bis Ende 2018 wolle man 300.000 deutsche Kunden gewinnen. Dieses Ziel hat Revolut laut Online-Magazin Financeforward mittlerweile erreicht, aber mehr eben auch nicht. Konkurrenten wie N26 oder Comdirect sind auf dem deutschen Markt wesentlich erfolgreicher, mit Kundenzahlen im Millionenbereich. Auch der Neueinsteiger Vivid Money stellt eine starke Konkurrenz für Revolut dar, wie eine Analyse von Financeforward aufzeigt: im Juli 2020 konnte Vivid binnen eines Monats 28.000 Downloads seiner App verzeichnen, während Revolut im gleichen Zeitraum nur auf 8.000 Downloads kam. Es mag am Angebotspaket liegen oder an den Marketingaktivitäten, jedenfalls ist Vivid derzeit in Medien und Öffentlichkeit sehr präsent, während man Revolut bei Facebook und Instagram kaum wahrnimmt.
Niemals aufhören, niemals rasten
Trotz allem geht Revolut seinen Weg unbeirrt und mit einem festen Ziel vor Augen weiter. Das ist auch nötig, denn Konkurrenz gibt es genug und viele haben erkannt, wie wichtig der Retail-Banking-Markt ist. Neben den klassischen Banken wollen auch die Fintech-Konkurrenten ein Stück vom Kundenkuchen haben – allen voran Transferwise. Das britische Fintech zählt mittlerweile mehr als acht Millionen Kunden weltweit – und: es erwirtschaftet seit drei Jahren Gewinne.
Das heißt für Revolut: Weitergehen, weiterkämpfen, Probleme bewältigen und seinem eigenen Motto treu bleiben: „Never Settle – Get Shit Done“. Und vielleicht das Marketing-Budget aufstocken.