06.11.2020
Herr Höcker, Sie sind seit Oktober der neue Deutschlandchef des niederländischen Fintechs BUX. Was genau Ist Ihre Aufgabe? Werden in Deutschland weitere Arbeitsplätze entstehen? Was plant BUX in Deutschland für 2021?
BUX ist 2014 in Amsterdam gegründet worden. Hier befindet sich auch der Hauptsitz. Nach den Niederlanden ist BUX auch in Österreich, Frankreich, Belgien und Deutschland verfügbar.
Um die Kommunikation und die Bekanntheit von BUX in den Ländern effektiv zu steuern, sind lokale Country-Heads aktiv.
Meine Aufgabe als Country-Head für Deutschland ist es, BUX zu einem der führenden Anbieter auszubauen. Ich konzentriere mich also stark auf die Geschäftsentwicklung in Deutschland. Grundsätzlich legen wir einen starken Fokus auf unsere Nutzer. Dabei passen wir uns an die lokalen Gegebenheiten an. User Research und Local Adaption sind da die Schlüsselbegriffe. Das fängt bei der Ansprache an und geht bis hin zur optimalen Aussteuerung der Produkte, also in dem Fall der ETFs und den Aktien.
Zum Ausbau im Bereich Team: wir planen grundsätzlich schon eine Niederlassung in Deutschland, sehr wahrscheinlich in Berlin. Allerdings sind wir gerade, wie andere Unternehmen auch, aufgrund der Covid-19-Situation an dem Punkt angekommen, wo wir sagen: ist das jetzt wirklich eine Priorität für uns, hier ein Büro zu eröffnen? Nein ist es nicht. Wir sind gut aufgestellt mit unseren digitalen Möglichkeiten, remote zu arbeiten. Die Mitarbeiter in Amsterdam sind nahezu alle im Homeoffice und ich bin es auch. Wir sind ein wachsendes Unternehmen mit insgesamt etwas über 120 Mitarbeitern und sicherlich werden wir weiterhin Arbeitsplätze schaffen. Wie viele es in Amsterdam, Berlin oder vielleicht Paris sein werden, ist noch in der Planung. Daher kann ich mich hier auch noch nicht festlegen.
Welchen Stellenwert hat Deutschland für BUX? Will man gerade aus Deutschland sehr viele Kunden für die App gewinnen?
Wenn man ein Unternehmen internationalisiert und gleichzeitig, oder in kurzem Abstand, in mehrere Länder expandiert, ist es häufig so, dass es zu einem bestimmten Zeitpunkt immer ein Land oder einen Markt gibt, der etwas größer ist als andere. Dann stellt sich in der Regel die Frage der Priorisierung. Ich war der erste Mitarbeiter bei Delivery Hero, da haben wir uns die gleichen Fragen gestellt. Welche Kapazitäten hat man? Welche Märkte bekommen einen besonderen Fokus?
Konkret für BUX heißt das: wir haben etwas mehr als 350.000 Nutzer, davon sind allein 100.000 aus Deutschland. Und mit den geplanten Aktivitäten in den kommenden Monaten, vor allem in 2021 werden das sicherlich mehr werden. Inwieweit sich der Anteil Deutschlands im Vergleich zu anderen Ländern entwickelt, das wird man sehen. Ich habe da aber nicht so ein internes Konkurrenzdenken, weil mir wichtig ist, dass wir als Unternehmen insgesamt erfolgreich sind. Wenn ein großer Teil aus Deutschland kommt, dann ist das natürlich auch schön, aber das ist nicht der Hauptfokus.
Zum Deutschlandstart von BUX war zu lesen, dass BUX eine junge Klientel ansprechen möchte. Wie sieht die Zielgruppe von BUX genau aus?
Ich glaube, da kann ich ein Stück weit aus meiner eigenen Erfahrung sprechen. Wenn ich überlege, wie sich meine Eltern, mein Onkel und meine Tante beim Thema Geldanlage verhalten und wie meine Generation und ich uns verhalten, sieht man gewaltige Unterschiede.
Diese Unterschiede entstehen schon durch den Wandel der Banken- und Finanzdienstleisterwelt. Bis vor zehn Jahren ist man zur Bank gegangen und hatte dort seinen Bankberater. Das fing an mit den klassischen Produkten, wie dem Sparbuch, und hörte dann vielleicht mit dem Kauf von Aktien auf.
Nichtsdestotrotz ist es natürlich so, dass in Deutschland laut Statista alleine heute noch nahezu 50 Prozent der Menschen ihr Geld klassisch auf dem Sparbuch oder vergleichbaren Produkten liegen haben - und sich eigentlich nicht überlegen, ob sie dieses Geld, was sie da ansparen, in irgendeiner anderen Form vermehren könnten. Diese Zielgruppe ist riesig und betrifft in erster Linie eine Generation von 25 bis 50jährigen. Das ist die Zielgruppe, die wir ansprechen wollen. Diese Zielgruppe ist es bereits gewohnt, Geldgeschäfte online zu erledigen. Sie sind unter Umständen auch schon Kunden von Online- oder Direktbanken, vielleicht sogar einer Neobank. Genau diese Zielgruppe sprechen wir mit unserem Produkt an.
BUX hatte vor kurzem eine Gratis-Aktien-Aktion in Deutschland gestartet, um neue Kunden zu gewinnen. Wie lief die Aktion? War man mit der Aktion zufrieden? Wie viele Kunden wurden über die Aktion gewonnen?
Wir sind sehr zufrieden mit der Aktion, denn sie spiegelt eine reale Gegebenheit sehr gut wider: Wenn man sich mit der Frage beschäftigt, wie man sein Geld anlegen möchte, dann sind in der Regel Freunde und Familie der erste Ansprechpartner. Empfehlungen durch Freunde sind etwas, das gut funktioniert. Wir sind daher mit unserem Empfehlungsprogramm mehr als zufrieden. Die Mehrheit aller Nutzer von BUX Zero sind organische User oder sind durch Empfehlungen zu uns gekommen. Wir wachsen weniger über bezahlte Kanäle wie SEM oder Vergleichbares. Man kann sagen, dass wir in einem bestimmten Zeitraum, wo wir diese Aktion sehr stark beworben haben, rund zwei Drittel aller Neukunden gewonnen haben.
Neben BUX Zero bietet BUX auch andere Produkte bzw. Apps an. Welche sind das? Welches BUX-Produkt hat in Deutschland die meisten Nutzer?
Insgesamt gibt es drei Produkte: BUX X, BUX Crypto und BUX Zero. BUX Zero ist unser Fokus-Produkt in allen Märkten, weil wir hier zum einen das größte Potenzial sehen und zum anderen, weil gerade das Thema investieren in Aktien nachhaltig ist. Damit will ich sagen, dass BUX X einen anderen Fokus verfolgt.
In Deutschland allgemein sind Anlageprodukte wie ETFs sehr beliebt. Der Fokus ist bei vielen Anlegern noch sehr stark auf Dax30 Unternehmen oder deutschen Unternehmen allgemein. BUX Zero ist das Produkt, das wir in Deutschland anbieten.
Neben Bux gibt es zahlreiche andere Trading-Apps auf dem deutschen Markt. Was ist das Alleinstellungsmerkmal von BUX? Was unterscheidet BUX von anderen Trading-App-Companies?
Ich glaube zunächst einmal, dass es großartig ist, dass mehrere Unternehmen die Markteintrittsbarrieren für den Finanzmarkt senken möchten. Das ist grundsätzlich eine sehr gute Entwicklung.
Im Vergleich zu anderen Anbietern ist bei uns der technische Set-Up ein anderer. Wir sind ein Broker, d.h. wir arbeiten eben nicht mit externen Börsenplätzen zusammen, sondern mit ABN AMRO. Die ABN AMRO Clearing Bank, ermöglicht uns nicht auf andere Handelsplätze angewiesen zu sein. Das führt dann auch dazu, dass wir eben nicht im Gegensatz zu anderen Mitbewerbern am Payment for order flow mitverdienen, also an der Drittgebühr für die Orderplatzierung. Es geht also darum zu sagen, was braucht der einzelne Nutzer wirklich? Die maximale Auswahl an ETFs? Die maximale Auswahl an Aktien? Oder geht es nicht eher darum, eine begrenzte Anzahl, angepasst an die eigenen Bedürfnisse anzubieten? Darauf wird der Fokus in den kommenden Monaten und insbesondere in 2021 liegen. Motiv-Investment und Fractional Shares sind die Themen, die wir uns anschauen werden. Neben dem innovativen Produktdesign, legen wir auch einen starken Fokus auf die Inhalte und ihre Relevanz für unsere Nutzer: Was ist am Markt relevant? Welche Unternehmen sind relevant? Welche Branchen sind in den nächsten Jahren interessant. BUX-Nutzer können sich über uns auch selbst am Markt informieren. Ich glaube das ist ein Unterschied und darauf legen wir sehr stark den Fokus.
Die Corona-Krise hat im Frühjahr den Einstieg vieler Börsen-Neulinge in die Welt der Trading-Apps beflügelt. Wie wird sich die Corona-Pandemie in den kommenden sechs Monaten auf die Nachfrage nach Trading-Apps entwickeln?
Ich kann natürlich nicht beurteilen, wie sich andere Anbieter zu einer bestimmten Zeit entwickelt haben. Ich persönlich finde es sehr schwierig, von einem Boom für einzelne Bereiche zu sprechen, wo viele Menschen auf der ganzen Welt und in Deutschland von der Covid-19-Pandemie betroffen sind. Es gibt Unternehmen, die große Probleme haben, es gibt Menschen, die ihren Arbeitsplatz verlieren. Logischerweise sind Unternehmen Profiteure von einer ganz bestimmten Situation. Auf der anderen Seite ist es aber auch so: Mal ist die Nachfrage nach Regenschirmen größer als zu anderen Zeiten, aber regnen wird es immer. Der Regenschirm ist also ein Produkt, das man immer braucht. Und so ähnlich sehe ich das mit dem Angebot von BUX auch. Wir verfolgen schlussendlich ein langfristig angelegtes Geschäftsmodell, unabhängig davon, in welcher Situation sich eine bestimmte wirtschaftliche Lage gerade äußert oder jetzt in dem Fall die gesundheitliche Lage in einer Pandemie-Situation. Von daher konzentrieren wir uns nicht so darauf und ich glaube auch nicht, dass die aktuelle Situation in irgendeiner Form ein positiver Treiber sein kann. Weil nachhaltig zu investieren ist etwas anderes und nachhaltig ein Unternehmen aufbauen ist auch unabhängig von der aktuellen Situation notwendig. Ob sich der Markt entsprechend entwickelt, das wird sich zeigen. Ich glaube, dass viele Leute gerade versuchen Entwicklungen zu prophezeien, und ich maße es mir nicht an, mehr zu wissen als viele andere Experten oder Anleger.
Herr Höcker, wir danken Ihnen für das Gespräch.